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Alpiner Skirennsport: Benjamin Raich tritt zurück


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Benjamin Raich: „Mir fehlt das Ziel“

Ganz selten werden kleine Ortschaften in Österreich höchst populär. Das funktioniert eigentlich nur über eine Randsportart, die allerdings in Österreich eine riesengroße Fangemeinde hat: dem alpinen Skirennsport. Um es vielleicht einem Nicht-Österreicher zu erklären: Der WM Titel im Fußball 1954 gehört zur deutschen Identität, die drei olympischen Goldmedaillen von Toni Sailer 1956 in Cortina d’Ampezzo zum österreichischen Selbstbild. Knapp nach dem österreichischen Staatsvertrag 1955 meldete sich Österreich nach dem Trauma des zweiten Weltkrieges wieder zurück. Man erkannte schnell: mit den Bergen, Schnee und dem Wedeln auf mehr oder weniger einsamen Pisten lässt sich gutes Geld machen. Es muss aber „Helden“ geben, die der Welt zeigen können, wo die besten Skifahrer wohnen. Einer dieser Helden hat sich in die „Pension“ verabschiedet: Benjamin Raich, geboren in Leins, Gemeindegebiet Arzl im Pitztal, hat seine Karriere Anfang September 2015 offiziell beendet.

Mondäne und stille Orte

Ein Mann wollte Gold in Sapporo und ein, aus heutiger Sicht, lächerlicher Amateurparagraph hat sein Antreten 1972 verhindert. Karl Schranz wurde durch diesen „Sportskandal“ zum Idol – an seine sportlichen Siege erinnert sich kaum jemand mehr. Geboren wurde er in St. Anton am Arlberg. 1972 erlebte auch eine weitere österreichische Skilegende bittere Stunden – allerdings sportliche. Annemarie Pröll, verheiratete Moser-Pröll, wurde in Kleinarl geboren, war haushohe Favoritin in der Abfahrt und im Riesenslalom 1972 und wurde in beiden Disziplinen von Marie-Theres Nadig geschlagen. 1980 holte Moser-Pröll dann doch noch Olympiagold – Millionen Österreicher an den Bildschirmen sind emotional „mitgefahren“. Mooswald in Kärnten wurde durch einen Sohn „österreichbekannt“ – Franz Klammer. Sein Ritt zur Olympiagoldmedaille 1976 in Innsbruck war ein nationales Anliegen. Franz Klammer war einem ungeheuren medialen Druck ausgesetzt – man muss schon ein echter Naturbursche sein, um das erfolgreich aushalten zu können.

Düstere Zukunft?

Ende Oktober startet der Weltcupzirkus in die neue Saison und man sollte sich aus österreichischer Sicht nichts vormachen. Einige Fixsterne haben in den letzten Jahren die fehlende Breite an der Spitze überstrahlt und zwei davon werden das auch in der nächsten Saison noch schaffen – Marcel Hirscher und Anna Fenninger. Der Nachwuchs hat aber nicht mehr lange Zeit, an diese beiden Ikonen aufzuschließen. Marlies Schild und Benjamin Raich bekommen in Kürze ihr erstes Baby, weitere Spitzenläufer wie Nicole Hosp, Michaela Kirchgasser oder Mario Matt haben ebenfalls den Rennbetrieb eingestellt. Sorgenfalten für die österreichischen Fans sind abgebracht. Allerdings erlebt der Skirennsport in den letzten zwanzig Jahren in Österreich eine höchst konstante und erfolgreiche Phase. Es gab Zeiten, da gab es weder Ikonen noch Hoffnungsträger, die nachgedrängt haben.