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Hamburger SV: Zweifelhaftes Beiersdorfer-Bashing nach der Trainerentlassung beim HSV


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Dietmar Beiersdorfer wird nach dem Trainerwechsel beim HSV weiterhin von den Medien kritisiert und kann beim Hamburger SV scheinbar nur verlieren.

Ein Kommentar von Timo Nikola.

Es scheint dieser Tage fast so, als könnte Dietmar Beiersdorfer beim Hamburger SV nur verlieren. Seit Jahren wird der Sportchef und Vorstandsvorsitzende im Rahmen von Trainerentlassungen von sämtlichen Medienvertretern kritisiert. Dabei scheint es völlig egal zu sein, wie diese ablaufen. Während bei der Entlassung von Bruno Labbadia die mangelnde Rückendeckung für den Trainer, sowie das wenig „hanseatische“ Verhalten des HSV-Vorstandsvorsitzenden in den Vordergrund gestellt wird, wurde Dietmar Beiersdorfer in der Vergangenheit von den gleichen Leuten, für eben ein solches Verhalten kritisiert.

Der Hamburger SV hat sich klar positioniert

Vor gut zwölf Jahren sprach der Sportvorstand des Hamburger SV dem damaligen Trainer Kurt Jara nach einer 4:0 Niederlage beim 1. FC Kaiserlautern mit den Worten „Er hat unser Vertrauen. Wir haben den Eindruck, dass ihm die Mannschaft noch folgt“ das Vertrauen aus. Als dieser nur wenige Tage später durch Klaus Toppmöller ersetzt wurde, flogen ihm und dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffman diese Sätze um die Ohren. „Es mag einem kein Beispiel einfallen, in dem von einer Klubführung so eiskalt gelogen wurde wie in diesem Fall. […] Was sollen die Spieler einer Vereinsführung noch abnehmen, die so ungeniert die Unwahrheit sagt?“, kommentierte seinerzeit beispielsweise Jörg Marwedel den Rauswurf von Kurt Jara in der SZ und die FAZ sprach von „Absicherungsrhetorik und Sozialfolklore“. Dabei waren diese mit ihrer Meinung damals nicht alleine. Von fast allen Medienvertretern wurde das damalige HSV-Führungsduo Beiersdorfer und Hoffmann für ihr Treuebekenntnis kritisiert. Paradoxerweise wird der Chef des Hamburger SV nun dafür kritisiert, dass er nach der Niederlage gegen den SC Freiburg einfach ehrlich war und dadurch seinen Trainer offen angezählt hat. Hätte er dies jedoch nicht getan, wäre die Reaktion nach der Entlassung aller Vorrausicht nach mit der von damals vergleichbar gewesen.

Fehlende Loyalität beim HSV?

Obwohl die meisten Medienvertreter und selbsternannte Experten angesichts der ernüchternden Bilanz von Bruno Labbadia Verständnis für den Trainerwechsel haben, kritisieren sie den Zeitpunkt der Entlassung. Viele sprechen davon, dass der Hamburger SV den Trainer entweder vor Saisonbeginn hätte austauschen müssen oder diesem noch ein wenig mehr Zeit zugestehen sollte. Insbesondere die Tatsache, dass Bruno Labbadia nach der gelungenen Relegation noch ein Denkmal in Hamburg bekommen sollte und nun vor die Tür gesetzt wurde, stoß vielen Menschen übel auf. „Vor 15 Monaten wurde mit ihm der Klassenerhalt gefeiert, letzte Saison hat er Platz zehn geholt. Es ist schade, dass er jetzt nach dem vierten Spieltag in Frage gestellt wird“, meldete sich beispielsweise der ehemalige HSV-Sportchef Kreuzer zu Wort. Dabei wurde Dietmar Beiersdorfer die Loyalität zu einem HSV-Trainer in der Vergangenheit bereits zum Verhängnis. Als dieser im Jahr 2007 zu lange an Thomas Doll festhielt, wurde er anschließend von der Presse für sein Verhalten zerrissen.

„Am Ende der Hinserie war für jeden erkennbar, dass auch der Trainer des HSV am Ende war. Doch die Klubleitung machte den Fehler, aus löblicher Loyalität zu einem leitenden Angestellten Lethargie werden zu lassen. Beiersdorfer vertröstete mit viel zu viel versprechenden Konzepten…“, schrieb beispielsweise die Welt am 02.02.2007 als Reaktion auf den Trainerwechsel. Hätte der HSV-Chef Bruno Labbadia also noch mehr Zeit gegeben, wäre die Reaktion wahrscheinlich ähnlich ausgefallen. Zudem kann in diesem Fall nur bedingt von mangelnder Loyalität gesprochen werden. Schließlich hat Dietmar Beiersdorfer, trotz einer ernüchternden Rückrunde an Bruno Labbadia festgehalten, in der Hoffnung, dass dieser mit dem neuen Personal den Turnaround schafft. Dies ist ihm in den ersten fünf Saisonspielen ganz offenkundig nicht gelungen, so dass der Hamburger SV notgedrungen die Reißleine ziehen musste.

Dietmar Beiersdorfer beim Hamburger SV in der Kritik

Eine kritische Auseinandersetzung mit den jüngsten Entwicklungen beim Hamburger SV ist nicht nur wünschenswert, sondern zwingend erforderlich. Dabei ist es ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch Dietmar Beiersdorfer seit seiner Amtsübernahme Fehler gemacht hat. Zudem hätte auch bei dem jetzigen Trainerwechsel einiges anders laufen können. Nun jedoch eine mediale Hexenjagd auf den Vorstandsvorsitzenden des Hamburger SV zu eröffnen, ist nicht nur falsch, sondern moralisch auch höchst fragwürdig. Plötzlich wird der 52-Jährige von allen Seiten attackiert und aufgrund seiner bedachten Redensart teilweise sogar verspottet. Angesichts eines solch undifferenzierten Umgangs wäre es nicht verwunderlich, wenn auch Dietmar Beiersdorfer eines Tages seinen Hut nimmt oder wie beispielsweise Sascha Lewandowski oder Ralf Rangnick als Folge seiner Arbeit einen Burn-Out erleidet.